Fast alle maßgebenden Entwürfe, Gestalter und produzierenden Unternehmen, die das westdeutsche Produktdesign in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten, aber auch heute unbekannte, für Alltag und Konsumwelt ebenso charakteristische Entwürfe, sind in der „Historischen Fotosammlung“ des Rat für Formgebung vertreten. Mit der wissenschaftlichen Erschließung und Digitalisierung von rund 20.000 Exponaten dieser einzigartigen Sammlung beginnen die Kooperationspartner Stiftung Deutsches Design Museum und Deutsche Fotothek in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) im April 2018. Nicht nur quantitativ, auch unter wissenschaftlichen und materialspezifischen Gesichtspunkten bedeutet das Vorhaben eine große Herausforderung. Der hierfür erforderliche zweijährige Zeitraum interdisziplinärer Zusammenarbeit wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Bereich „Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme“ (LIS) gefördert.
Die Erfassung, Digitalisierung und Veröffentlichung in der Online-Datenbank der Deutschen Fotothek wird Wissenschaft und Fachwelt einzigartige, für die Zukunft gesicherte Primärquellen und einen neuen Zugang zu den vielfältigen Protagonisten der „Guten Form“, deren Gestaltern und Design-Objekten, bieten. Beispielhafte Entwürfe, historische Vorläufer und selbst Negativbeispiele wurden seit Mitte der 1950er bis ca. 1990 in die Sammlung des Rat für Formgebung aufgenommen. Im jeweiligen Jahrgang immer wieder ergänzt und aktualisiert, diente die stetig wachsende Sammlung an Fotografien und Dias dazu, die Qualität des westdeutschen Industriedesigns zu fördern, zu kommunizieren und zu dokumentieren. Das Spektrum der Exponate reicht von Alltagsgegenständen und Konsumgütern über Produkte der Arbeitswelt bis hin zur Automobilindustrie und zu Investitionsgütern. Parallel dokumentiert das bisher schwer zugängliche analoge Archiv auch die Entwicklung der modernen Sachfotografie. „Ein interdisziplinärer, immer auch autoren- und provenienzorientierter Ansatz entspricht den vielschichtigen Bildinhalten“, erklärt Dr. Jens Bove, Leiter der Deutschen Fotothek.
Wesentlicher Schritt zum Erhalt eines designkulturellen Erbes
Mit der Erschließung und Digitalisierung von 20.000 Fotografien und 15.000 Registermappen wird nahezu die Hälfte des Gesamtarchivs für kommende Generationen gesichert und der Öffentlichkeit komfortabel recherchierbar zur Verfügung gestellt. Das Großprojekt schließt an zwei Vorläufer an, die von beiden Kooperationspartnern mit der Digitalisierung des Teilbestandes der WMF (578 Fotografien) und des komplexen Dia-Kataloges des Rat für Formgebung (1.441 Bildträger) bereits erfolgreich realisiert wurden. „Mit Hilfe der DFG erschließen wir ein von Experten anerkanntes und historisch bedeutendes ‚Designerbe’ weiter. Was in Archivschränken ruhte, wird sichtbar und digital in die Zukunft überführt “, berichtet Lutz Dietzold, Vorstand Stiftung Deutsches Design Museum.
Formgebung in der Moderne nachvollziehen
Der Stiftung Deutsches Design Museum wurde das „Historische Fotoarchiv“ 2015 vom Rat für Formgebung als Dauerleihgabe übertragen, um dieses zu erschließen, digital zu erhalten und damit der Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Gesamtbestand umfasst rund 42.000 Fotografien in 24.000 Registermappen und rund 5.500 Diapositive mit individuellen Informationen zu Gegenstand, Entwerfer, Hersteller, Material, Entwurfs- und Herstellungsjahr, die in die Metadaten der Digitalisate aufgenommen werden. Bisher stehen dem Forschungsbereich „Design der Moderne“ nur wenige historisch zuverlässige Online-Quellen zur Verfügung. Dabei handelt es sich eher um hochspezialisiertes oder auf Einzelsammlungen bezogenes Material. Doch füllt das über Jahrzehnte gewachsene Gebrauchsarchiv des Rat für Formgebung mehr als eine wissenschaftliche Lücke: Nach seiner digitalen Erschließung wird die Formgebung der Moderne ab 1945, geprägt vom Designbegriff der „Guten Form“, in allen Facetten nachvollziehbar sein.
Kontakt SDDM:
Stiftung Deutsches Design Museum
Julia Kostial, Geschäftsführung
Friedrich-Ebert-Anlage 49
60327 Frankfurt am Main
T. +49 (0) 69 - 74 74 86 63
kostial@deutschesdesignmuseum.de
Kontakt SLUB:
Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)
Deutsche Fotothek
Dr. Jens Bove, Leiter
01054 Dresden
Tel.: +49 351 4677-600/-601
bove@slub-dresden.de
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